Verhindern Greifvogel-Silhouetten den Vogeltod?
Aber reichen simulierte "Fressfeinde" wirklich, um die Vogelschar zu erschrecken?
Ein dumpfer Knall an der Fensterscheibe, und schon fällt ein glückloses Rotkehlchen mit einem Genickbruch zu Boden. Millionen Vögel sterben jedes Jahr, weil sie mit hohem Tempo auf Glasscheiben prallen. Vor allem Schallschutzwände an Autobahnen, die Verglasung von Wintergärten und stark spiegelnde Glasscheiben sind für Vögel schwer erkennbare Hindernisse. Abhilfe sollen Aufkleber in der Form von Greifvogel-Silhouetten schaffen: Angeblich jagen sie den Vögeln einen Schrecken ein und bringen sie dazu, Glasflächen zu meiden. Aber halten Singvögel diese starren Umrisse tatsächlich für einen drohenden Beutegreifer?
"Die aufgeklebten Vogel-Silhouetten sind zwar gut gemeint, aber ein wirksames Mittel sind sie leider nicht", sagt Vogelexperte Julian Heiermann vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Den reglosen Umriss hält kein Singvogel für einen Feind - allenfalls für ein Hindernis, das es zu umfliegen gilt, haben Studien gezeigt. Ein Greifvogel muss sich in der für ihn typischen Art und Weise bewegen, damit ihn ein Beutetier als Feind erkennt. Eine simple Silhouette löst dagegen keine Fluchtreaktion aus.
Viele Vögel prallen deshalb unmittelbar neben diesen Aufklebern gegen die Glasscheibe. "Ein Smiley-Aufkleber würde den gleichen Effekt erfüllen", sagt Heiermann. Die Greifvogel-Silhouetten haben laut Nabu eine besonders geringe Wirkung, wenn sie von innen an die Scheibe geklebt werden - denn Vögel nehmen sie wegen der Spieglungen dann kaum wahr. Von außen aufgeklebte Umrisse sind schon besser sichtbar, vor allem wenn sie mit wasserunlöslichem Sonnenschutzmittel eingesprüht werden, denn so werden kurzwellige Sonnenstrahlen gut reflektiert.
Aber dennoch locken große Glasflächen Vögel oft in die Falle, sie sterben dann durch Aufschlag neben den Aufklebern. Die beste Alternative, um Vögel vor dem unsichtbaren Tod zu bewahren, sei der Einsatz von speziellem Vogelschutzglas. "Vögel können ein anderes Lichtspektrum wahrnehmen als wir Menschen", sagt Heiermann. "Das Glas wird für Vögel als Hindernis sichtbar, indem es ultraviolettes Licht reflektiert." Vor allem bei Gebäuden mit großen Glasfronten kommt dieses spezielle Glas mehr und mehr zum Einsatz. Es ist allerdings noch vergleichsweise teuer. Das gleiche Grundprinzip wie das Vogelschutzglas nutzen spezielle Stifte, die eine klare Flüssigkeit enthalten. "Damit kann man die Glasflächen eines Wintergartens bemalen", sagt Heiermann. Für uns ist diese Kennzeichnung der Scheiben unsichtbar, Vögel nehmen das reflektierte UV-Licht wahr und umfliegen die Glasflächen. Diese Methode eignet sich besonders gut für Privathaushalte und bereits vorhandene Fensterscheiben.
Die Vogelschützer vom Nabu haben noch andere Tipps: Muster, ob eingefräst, aufgemalt oder aufgeklebt, machen Glasscheiben ungefährlich - am besten mindestens zwei Zentimeter breite Streifen im Abstand von höchstens zehn Zentimetern. Ganz simpel: Gardinen, Jalousien oder Lamellenvorhänge helfen auf jeden Fall, auch Deko aller Art auf den Scheiben. Und noch simpler: nicht so oft Fenster putzen. Wenn die Scheiben ein bisschen schmutzig sind, können Vögel sie viel besser erkennen.
Quelle: ddp/jol